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Nachtleben in der Bibliothek - Schüler-Eltern-Abend für Hauptschule 5. Klasse

Konzept:
Stadtbücherei Villingen-Schwenningen
Sita Backhaus/Martha Maucher

Grundidee:
Studien vor und nach Pisa sprechen eine deutliche Sprache: Eltern, die selbst nicht gern lesen, haben es schwer, ihren Nachwuchs für Bücher zu begeistern.

Wer also Eltern zum Lesen motiviert, tut indirekt etwas für deren Kinder, denn kaum etwas verlockt mehr zum Lesen, als Mama, die mit glänzenden Augen im neuen Mankell schmökert, als der Bibliotheksbesuch mit Papa, die gemütliche Vorlesestunde oder die vollen Bücherregale im Wohnzimmer.

Wie und wo kann man Eltern vermitteln, dass Leseförderung zu Hause beginnt und dass gerade sie großen Einfluss auf die Lesekarriere ihrer Kinder haben - mehr noch als die meisten Lehrer, Bibliothekare und Erzieher?

Wichtig ist uns unter anderem, Eltern der 5. Klasse Hauptschule zu erreichen. Warum? Gerade zu Beginn der weiterführenden Schule möchten viele Eltern wissen, wie sie ihre Kinder fördern können. Außerdem sind Kinder mit 10, 11 Jahren kurz vor dem typischen pubertären Leseknick - wenn sie bis dahin keine Bindung zum Buch aufgebaut haben, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie als Erwachsene zum Buch greifen. Also: letzte Chance!

Das Konzept
Um den Elternabend zum besonderen Erlebnis werden zu lassen, beschlossen wir, einen Schüler-Eltern-Abend daraus zu machen - also einen Abend für die ganze Familie - und den Veranstaltungsort in die Bibliotheksräume zu verlegen. Warum? Klar: zum Lesen verführt man besser inmitten von Büchern als in öden Schulräumen, die penetrant nach Pflichtlektüre riechen. Und der positive Nebeneffekt: so manche Familie, die mit dem Wort „Bibliothek“ bisher heilige Bücherhallen und streng blickende Bibliothekarinnen verbunden hat, baut gemeinsam Schwellenangst ab und entdeckt neue Möglichkeiten.

Unser Elternabendkonzept sieht 3 Teile vor: gemeinsame Einstimmung durch ein Buchcover-Quiz, parallel Hieroglyphen-Werkstatt für die Kids und Theorie-Diskussionsblock für die Erwachsenen und abschließend eine Büchereirallye für alle.

Was ein Buchcover-Quiz ist, erklärt schon der Name: Cover von 6-8 Jugendbüchern werden auf die gleiche Größe hoch kopiert. Dabei sollte natürlich auf eine aktuelle und Buchauswahl geachtet werden - Viel Lesefutter, aber auch 1, 2 anspruchsvollere Titel. Und: Sachbücher nicht vergessen! Jungen, die sich nicht (mehr) für erzählende Literatur begeistern, sind oft durch Sachbücher zu spannenden Themen zu „kriegen.“
Zunächst werden die Titel von der Bibliothekarin kurz und mitreißend vorgestellt, dann wird‘s kniffelig: ein prägnanter Abschnitt wird aus einem der Bücher vorgelesen - aus welchem ist streng geheim - und nun können Tipps abgegeben werden. Abstimmungskärtchen zum Schwenken liegen dafür auf jedem Platz.

Für die Hieroglyphen-Werkstatt benötigt man Tonpapier, Scheren und möglichst zwei Hieroglyphen-Stempelsets (Spaß mit Hieroglyphen von Catharine Röhrig, Tessloff), sowie Alphabetzettel für alle. Nach einer kurzen Einführung durch die Lehrkraft oder eine Bibliothekarin dürfen die Schüler Lesezeichen für sich, Eltern, Geschwister und Freunde aus Tonpapier ausschneiden und bestempeln (geschrieben wird von oben nach unten!). Ideal - da besonders stabil - ist es, wenn man fertige Lesezeichen (beispielsweise mit Bibliothekswerbung) mit Tonpapier beklebt und bestempelt werden. Da die Stempelaktion erfahrungsgemäß nicht länger als 15 Minuten in Anspruch nimmt und die Gefahr groß ist, dass es danach ausufert, sollte man einen weiteren Programmpunkt in petto haben, beispielsweise eine spannende Geschichte aus dem alten Ägypten, ein Quiz o.ä. Der Geräuschpegel sollte dabei nicht zu hoch sein, damit die Erwachsenen nicht gestört werden.

Denn sie sind gerade in der heißen Theorie-Phase. Auftakt ist eine stumme Diskussion. Mit Klebepunkten bewaffnet dürfen die Eltern auf großen Plakaten ihre Meinung zum Thema Lesen abgeben: Ist Lesen vor allem wichtig, weil man dabei etwas lernt? Oder ist entscheidend, dass es Spaß machen soll? Dass man sich in andere Menschen einfühlen kann? Oder? Oder? Fast automatisch entbrennt daraufhin eine Diskussion, moderiert und gesteuert von einer Bibliothekarin, die nebenbei ein paar Tipps zur familiären Leseförderung gibt. Neben der Vermittlung von Theorie soll den Eltern auch genug Raum gegeben werden, eigene Erfahrungen und Ideen einzubringen.

Den Abschluss bildet die Bibliotheksrallye, bei denen Kinder und Eltern sich gegenseitig unterstützen. Die Kinder haben dabei ein großes Plus, denn im Regelfall kennen sie sich durch Klassenführungen in der Bibliothek bereits aus und können die Eltern als „Experten“ führen. An Stationen im ganzen Haus - markiert mit Fahnen - müssen witzige Aufgaben gelöst werden - meist mit Hilfe von Büchern, manchmal mit Hilfe vom PC und dass es Spaß macht sieht und hört man: Welches Pulver braucht man für das Rezept „Arme Ritter“? Was ist ein Helioport - hat das was zu tun mit Portwein? Oder mit Helium? Welches Tier im englischen Lied ist so dick, dass es nicht durch die Tür passt? Wer hat den Obelix im Kino gespielt - und - noch schlimmer - wie schreibt man seinen Namen? Wo im Internet findet man die Adressen der Bibliothek?

Und zwischendurch ist es natürlich nicht verboten, sich umzugucken, ein bisschen zu blättern - sich mit der Bücherei vertraut zu machen. Denn es könnte ja sein, dass man mal wieder vorbei schaut. Immerhin gibt es hier auch DVDs. Und Backbücher. Thriller. Und die neue PC-Zeitschrift. Bücher für die Schule.

P.S.: Patentrezept, um alle Eltern zu erreichen? Leider nicht. Denn zum Leseförderungs-Elternabend kommen erfahrungsgemäß eher motivierte Eltern, die sich auch sonst für die Förderung ihrer Kinder engagieren. Trotzdem lohnt es sich - besonders wenn die Aktion in der Schule und zu Hause nachbereitet wird und Lesen so für einige Wochen in den Mittelpunkt gerückt wird.