Berliner Expertenworkshop für Öffnung des Lesebegriffs und der Leseförderung
15.06.2012
Hessische Landesvertretung in Berlin
© De-okin (talk)/ selmade/ Wikipedia
Am 5. und 6. Juni 2012 war die Hessische Landesvertretung in Berlin Treffpunkt von Leseexperten aus ganz Deutschland. Mehr als 50 Experten aus so unterschiedlichen Bereichen wie Medien- und Kommunikationswissenschaft, Sozialforschung, Pädagogik und Bildungsadministration suchten nach Antworten auf die Frage: „Wie werden wir morgen lesen?“
Der Hamburger Trendforscher Peter Wippermann erwartet zunehmend situatives Häppchenlesen auf digitalen Kanälen, verbunden mit ständigem Austausch mit Umgebung und Freunden. Andererseits wird es – so meinten viele – auch in Zukunft neben Tablets und E-Book-Readern gedruckte Bücher geben. Nur würden sich die einzelnen Medienprofile schärfen. Ähnlich hätten schnellere Transportmittel das Pferd nicht zum Aussterben verdammt, sondern ihm eine zweite Chance als Mittel der Freizeitgestaltung verschafft.
Und der Lesebegriff selbst? Simone C. Ehmig vom Institut für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen sieht schon heute eine Tendenz, Leseaktivitäten gar nicht mehr als Lesen wahrzunehmen, etwa bei der Kommunikation in sozialen Netzwerken. Silke Borgstedt vom Heidelberger Sozialforschungs-Institut Sinus sekundierte: Jugendliche verstünden ihre medial geprägten Lesegewohnheiten an mobilen Endgeräten und am Computer eher als Kommunikation. Schließlich reagieren sie oft auf Gelesenes mit eigenen Kommentaren, verbinden also das Lesen mit dem Schreiben.
Die Bibliotheken müssten sich den neuen Medien und der kommunikativen Einbettung des Lesens stellen, betonten die beiden Vertreter des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv), die dbv-Vorsitzende Monika Ziller (Heilbronn) und Jan-Pieter Barbian (Duisburg). Um das leisten zu können, brauchten sie jedoch materielle Unterstützung statt Mittelkürzungen.