Hamburger Untersuchung zu Gelingensbedingungen und Entwicklungspotenzial von Schulbibliotheken
18.10.2012
Prof. Dr. Rudolf Kammerl
© schulmediothek.de / A.M.
Seit 2009 wurden an neun ausgewählten Pilotschulen im Hamburger Stadtgebiet Schulbibliotheken eingerichtet, die stärker als bisherige Schulbibliotheken als Arbeitsbibliotheken konzipiert sind und Schülerinnen und Schülern in eher bildungsfernen Stadtregionen eine kompetenzfördernde Lernumgebung für individualisiertes Lernen bieten sollen. Ein Team um den Hamburger Mediendidaktiker Prof. Dr. Rudolf Kammerl sorgte für die wissenschaftliche Begleitung des Projekts, das unter dem vielversprechenden Titel „Schulbibliotheken für alle Schulen“ stand. Das Projekt selbst wird aus Kostengründen nicht in der bisherigen Form weitergeführt. Aber der Evaluationsbericht der wissenschaftlichen Begleiter nennt allgemein gültige Bedingungen für das Gelingen von Schulbibliotheken und zeigt das – zu wenig genutzte – Entwicklungspotenzial auf, das in Schulbibliotheken steckt.
Damit die Schulbibliothek zur Schule passt, muss sie in enger Zusammenarbeit zwischen Bibliotheksleitung, Schulleitung und Lehrkräften konzipiert werden. Eine gute Grundlage dafür bildet nach Einschätzung der Wissenschaftler eine Bibliotheks-AG „mit benennbaren Ansprechpersonen und geregelten Zeitressourcen“. Weitere Gelingensbedingungen sind das Vorhandensein einer Fachkraft zur Betreuung der Bibliothek sowie die Bereitstellung ausreichender Finanzressourcen für Ausstattung und Medienbestand.
Anschließend ist die ständige und klar geregelte Zusammenarbeit zwischen Bibliotheksleitung und Lehrkräften nötig, damit die Bibliothek tatsächlich ein wichtiger Baustein der Schul- und Unterrichtsentwicklung wird. Eine solche klare Regelung ist zugleich die Voraussetzung dafür, dass die Lehrkräfte die Bibliothek nicht nur als pädagogische Chance, sondern auch als Entlastung empfinden.
In zwei Bereichen besteht nach Einschätzung des Kammerl-Teams ein großes Potenzial der Schulbibliothek, das in der Praxis, auch im Hamburger Modellprojekt, zu wenig genutzt wird. Zum einen könnte die Schulbibliothek gut zur Individualisierung des Lernens eingesetzt werden. Voraussetzung sind allerdings individualisierte Aufgabenstellungen. Bibliothekare und Lehrkräfte verteilen bislang zumeist lieber einheitliche Arbeitsblätter an alle Schüler. Zum anderen böten Schulbibliotheken den Schülern eigentlich die Möglichkeit, alle verfügbaren Medien, darunter auch die digitalen, kennen und nutzen zu lernen. Viele Bibliothekare und Lehrkräfte sehen sich aber lieber als kompromisslose Verteidiger des gedruckten Buchs und machen einen Bogen um Internet und E-Reader.
Der Bericht von 309 Seiten steht auf dem Hamburger Bildungsserver in ganzer Länge als pdf-Datei zum Download zur Verfügung.